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Die Kraichgaubahn
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Badische Lokal-Eisenbahnen
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Die Kraichgaubahn ist eine 66 km
lange Eisenbahnstrecke in der Region Kraichgau im Nordosten
Baden-Württembergs. Sie führt von Karlsruhe - Bretten - Eppingen -
Heilbronn und wurde 1880 fertiggestellt. Internationale Bekanntheit erlangte
die Stecke ab 1992 durch den Umbau zur weltweit ersten
Zweisystem-Stadtbahnstrecke (Gleichstrom/ Wechselstrom). Die Strecke ist damit
eine Keimzelle des Karlsruher Modells mit Straßenbahnen auf
Bundesbahngleisen. Um 1870 war der mittlere Kraichgau von vier Bahnlinien
umgeben. Diese waren: - die badische Rheintalbahn, Heidelberg - Bruchsal -
Karlsruhe - die württembergische Westbahn, Bruchsal - Bretten -
Bietigheim - die württembergische Nordbahn, Stuttgart - Bietigheim -
Heilbronn - die badische Odenwaldbahn mit Verbindung zur Nordbahn,
Heidelberg - Meckesheim und Sinsheim - Jagstfeld - Heilbronn. Das von
diesen Linien beschriebene Viereck ging um die badische Stadt Eppingen herum.
Da Eppingen traditionelles Durchgangsland von Handelswegen war, aber ohne
Bahnanschluß, drohte es von den Verkehrsströmen und der allgemeinen
wirtschaftlichen Entwicklung abgehängt zu werden. So wurde eine Strecke
von Karlsruhe - Grötzingen - Bretten - Eppingen - Heilbronn geplant. Auch
der Gedanke einer direkten Linie von Frankreich in Richtung Nürnberg und
von dort weiter nach Osten war eine Geburtsidee der Kraichgaubahn. Der Bahnbau
ließ jedoch auf sich warten, da das Land Baden durch den Bau der
technisch aufwendigen Schwarzwaldbahn (Hornberg - St. Georgen) ausgelastet war.
Deshalb bot die Stadt Karlsruhe unter Bürgermeister Wilhelm Florentin
Lauter an, den badischen Abschnitt bis Eppingen unter eigener Regie zu bauen
und den Staatsbahnen zur Nutzung zu überlassen, die dafür
zunächst einen Pachtzins zahlen und die Strecke später in
Ratenzahlungen zurückkaufen sollten. |
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Die badische Regierung ging auf diesen
Vorschlag ein und der Bau wurde am 30. März 1872 beschlossen. Eppingen
wurde zum Wechselbahnhof bestimmt. Der badische Abschnitt sollte die Westbahn
in Bretten kreuzen. Diese wurde bis dahin auf ganzer Länge von
Württemberg betrieben, d.h. auch auf badischem Territorium zwischen Ruit
(bei Bretten) und Bruchsal. Um die Kreuzung einer badischen mit einer
württembergischen Bahn zu vermeiden, reklamierte Baden sein
Rückkaufsrecht, das es laut Vertrag über die Westbahn für den
auf seinem Territorium befindlichen Abschnitt besaß (Staatsvertrag vom
15. November 1878). Aufgrund einer im badischen Eisenbahnwesen eingetretenen
Finanzkrise tat sich die Stadt Karlsruhe zunächst schwer, einen
Bauunternehmer für die Strecke zu finden, so dass die Konzession erst am
15. November 1876 erteilt werden konnte. Bauunternehmer wurde die "Ph. Holzmann
& Cie" in Frankfurt am Main. Am 15. Oktober 1879 wurde die Strecke
GrötzingenEppingen eröffnet. Am 10. Oktober 1878 hatten die
württembergischen Staatsbahnen den Abschnitt Heilbronn - Schwaigern
eröffnet, und am 7. August 1880 wurde die Lücke Eppingen - Schwaigern
geschlossen. In der Disskusion um die Trassenführung des Reststückes
stellte der Gemeinderat der damals noch selbstständigen Gemeinde Stetten
am Heuchelberg die Planer vor vollendete Tatsachen: Der örtliche
Haltepunkt wurde gebaut, noch bevor feststand ob die Strecke den Ort
überhaupt tangieren würde. Mit der Vollendung der Strecke
übernahm die Badische Staatsbahn in Abänderung der
ursprünglichen Vereinbarungen das volle Eigentum an der Bahn, indem sie
die von Karlsruhe ausgegebene Anleihe von 12 Millionen Mark übernahm.
Die Dürrenbüchig und Gölshausen (heute beides Stadtteile von
Bretten) beschwert sich keinen Haltepunkt bekommen zu haben. Dies wurde 1906
nachgeholt. Es gab darüber hinaus Pläne, die Strecke auch für
Fernzüge auszubauen, da sie die kürzeste Verbindung Karlsruhe -
Nürnberg ist. Deshalb wurde Kraichgaubahn zwischen Bretten - Heilbronn
zweigleisig gebaut. Von 1906 - 1914 fuhr tatsächlich auch der Luxuszug
Paris-Karlsbad-Express auf der Kraichgaustrecke. Am 31. März
1920 gingen die Badische und die Württembergische Staatsbahn in der neu
gegründeten "Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft" auf. Aufgrund der
Reparationszahlungen, die Deutschland nach dem verlorenen Weltkrieg I zahlen
musste, fehlte allerdings Geld für einen weiteren zweigleiseigen
Ausbau. Im Weltkrieg II erlitt auch die Kraichgaubahn hohe Schäden. Da
die Deutsche Wehrmacht Brücken in Grötzingen und in Rinklingen
sprengte, war die Strecke zwischen Karlsruhe und Bretten mehrere Monate lang
nicht befahrbar, der Schienenverkehr von Karlsruhe in das Kraichgau musste
über Bruchsal geführt werden. Gleichzeitig war die Strecke bis zur
Wiederinbetriebnahme des Bietigheimer Eisenbahnviadukts im August 1945 Teil der
einzigen Schienenverbindung zwischen Karlsruhe und Stuttgart. Im Mai 1972
endete die Ära des Dampfbetriebes. Fortan verkehrten Schienenbusse und
Silberling-Züge, die mit Lokomotiven der Baureihe 218 und der Baureihe 212
bespannt waren, auf der Kraichgaubahn. Ab 1976 gab es von Seiten der Deutschen
Bundesbahn Pläne, die Regionalstrecke gemeinsam mit der Strecke zwischen
Eppingen und Sinsheim stillzulegen. Aus Kostengründen wurde die Strecke
Bretten - Heilbronn eingleisig zurückgebaut. Gegen die
Stillegungspläne regten sich damals in der Bevölkerung heftiger
Widerstand, mit Sonderzügen und Straßenblockaden machte besonders
die Eppinger Bevölkerung auf sich aufmerksam. In der Folge
übernahm die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), ein Tochterunternehmen
der Stadt Karlsruhe, ab etwa 1990 die Kosten für die Modernisierung und
Elektrifizierung der Strecke im Rahmen eines Pilotprojekts. Als Stromsystem kam
dabei der bei der Deutschen Bahn übliche Wechselstrom mit 16,7 Hz zum
Einsatz. Die Strecke wurde am 25. September 1992 im Abschnitt
KarlsruheBretten-Gölshausen als Linie B in das Netz der
Karlsruher Stadtbahn integriert, nachdem seit 1975 die erste Stadtbahnstrecke,
die Albtalbahn als Linie A bezeichnet wurde. Während letztere
durchgehend mit Gleichstrom betrieben wurde, war die Kraichgaubahn weltweit die
erste Strecke, die beim Übergang von Straßen- und Eisenbahn neben
dem rechtlichen Status auch das Stromsystem wechselte. |
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