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Hartmann & Braun (H&B)
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Deutsche Präzisionsmeßtechnik
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Die "Hartmann & Braun AG" hatte über Jahrzehnte den
hervorragenden Ruf der deutschen Meßgerätetechnik in die Welt hinaus
getragen. Technische Meilensteine auf dem über hundertjährigen
Weg des Unternehmens sind vielfach Meilensteine der elektrischen
Meßtechnik überhaupt geworden. Die Industrie kommt ohne
Meßgeräte nicht aus. Sie werden deshalb auch als "Gehirnzellen" der
Industrie bezeichnet. Sie werden z.B. benötigt bei: - Erzeugung
und Verteilung der elektrischen Energie - Hüttenprozessen um aus dem
Erz Rohstahl und Halbfabrikate herzustellen - Kraftwerken zur
wirtschaftlichen Ausnutzung der Kohle - der Stromerzeugung zur
Überwachen der Dampftemperatur und des -druckes - der Kontrolle der
Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur - Brauereien zur Kontrolle des
Gärprozeßes - und selbst in der Arztpraxis sind
Meßinstrumente nicht mehr wegzudenken. Den meisten Menschen aber sind
die Meßinstrumente unbekannt, da diese meist im Verborgenen arbeiten.
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Eugen Hartmann wird am 26. Mai 1853 in Nürtingen/Neckar
als Sohn einer schwäbischen Lehrerfamilie geboren. In Ulm besucht er die
Realschule und geht danach als Lehrling zu dem bekannten Mechaniker und Optiker
Gottschick. Dort erhält er eine Ausbildung als Feinmechaniker. Bereits als
20-Jähriger hat er einen so guten Ruf, daß ihm die
württembergische Regierung den Auftrag erteilt, als technischer Assistent
beim Aufbau der Wiener Weltausstellung zu helfen. In der berühmten
Werkstätte des Universitätsmechanikers Meyerstein in Göttingen
bildet sich Eugen Hartmann weiter. Als Zeichner wissenschaftlicher
Meßgeräte verdient er seinen Lebensunterhalt und bildet sich abends
in Vorlesungen weiter. 1879 macht er sich in Würzburg selbständig.
Teilhaber seiner Firma wird Wunibald Braun dessen verwitwete Schwester er 1885
heiratet. Hartmann unterrichtet im physikalischen Verein und wird dafür
bald zum Professor ernannt. Später wird er Mitbegründer der
Frankfurter Universität. Eugen Hartmann erhält 1912 von der
Technischen Hochschule Stuttgart den Titel eines Dr. Ing. ehrenhalber. 18.
Oktober 1915 bereitet ein Herzschlag dem erst 62jährigen Hartmann ein
plötzliches Ende. |
Zu Beginn der 80er Jahre kam Wunibald Braun aus Rußland
nach Frankfurt am Main zurück . Wunibald`s Bruder Ferdinand (er wurde
berühmt als Erfinder der Braunschen Röhre und erhielt den
Nobelpreisträger für Physik 1909) machte ihn aufmerksam auf Eugen
Hartmann und auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Elektrotechnik.
1882 gründeten der Techniker Hartmann und der Kaufmann Braun eine
gemeinsame Firma: E.Hartmann & Co, Würzburg. Die
Instrumentenbaufirma wurde 1884 nach Frankfurt in die Gräfstraße
verlegt. Damit entstand eines der bedeutendsten Frankfurter Unternehmen der
Elektrotechnik. Am 22.6.1901 wurde die Firma mit Wirkung ab 1.1.1901 in eine AG
umgewandelt. Die Eintragung erfolgte am 10.8.1901. |
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Hartmann & Braun produzierte vorallem elektrische
Meßgeräte. Aber auch für die Messung nichtelektrischer
Größen wie z.B. Temperatur wurden Geräte hergestellt. 1916 gab
es den ersten brauchbaren Widerstandsferngeber, die sog. Hausersche Walze.
Hiermit konntze auch der Druck elektrisch gemessen werden. Einen
großen Schritt nach vorn machte die Firma durch die Produktion von
registrierenden Geräten, den sogenannten Schreibern. 1910 wurde der
Sechs-Farben-Punktschreiber geliefert, mit dem sechs verschiedene
Meßwerte gleichzeitig registriert und auf Papier festgehalten werden
konnten. Ab 1930 vollzog H&B den Schritt von der Meß- zur
Regelungstechnik. Fallbügelregler mit Quecksilberröhren wurden vor
allem für die Temperaturregelung eingesetzt. Die Analysentechnik, die im
Zuge der Weltwirtschaftskrise entstand, wurde nach dem Weltkrieg II ausgebaut
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Hartmann & Braun Bestell-NR.:
D295
Preisliste |
Hartmann & Braun Bestell-NR.:
D295a
Preisliste |
Hartmann & Braun Bestell-NR.:
D295b
Preisliste |
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Amerikaner und Briten zerbombten am 8. Februar 1944 große Teile
des H&B Stammwerks an der Bockenheimer Warte. In wenigen Sekunden wurden
166 Mitarbeiter getötet. Was an diesem Tage verschont geblieben war, wurde
durch einen erneuten Angriff einige Wochen später durch Brandbomben
endgültig vernichtet. Deshalb wurden die meisten Werkstätten aus
Frankfurt hinaus verlagert. H&B-Arbeitsstätten gab es tief unter der
Erde in Sektkellereien am Rhein, im südlichsten Schwarzwald, in der
nordöstlichen Ecke von Bayern, in Oberhessen und an fast zwei Dutzend
Plätzen in der weiteren Umgebung von Frankfurt am Main. Das
Praunheimer Werk, ein in den Jahren 1941 bis 1942 gebauter moderner
Fabrikneubau für 1000 Mitarbeiter, war fast ohne Schaden geblieben und
wurde gleich in den ersten Tagen der Besetzung von den Amerikanern
beschlagnahmt. |
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Nach der Währungsumstellung ging es auch bei H&B wieder
aufwärts - auch mit Unternehmungen im Ausland. So begann 1945 (!) bereits
ein Erfahrungsaustausch und eine Zusammenarbeit mit der Camille Bauer
Meßgeräte AG in Wohlen/Schweiz, die dem Generalvertreter von H &
B in der Schweiz gehört; das führte schließlich im Jahre 1956
auch zu einer kapitalmäßigen Beteiligung. Im gleichen Jahre wurde in
São Paulo/Brasilien die Hartmann & Braun/Bender Ltda.
gegründet, und im Jahre darauf in Madrid die Hartmann & Braun
Española. Beide Firmen Produzierten nach Lizenzen und Konstruktionen des
Frankfurter Stammhauses diejenigen Geräte im Lande, für welche
Importlizenzen nicht zu erhalten waren. 1949 wurde die Fertigung und
später auch der Vertrieb von Schalttafelgeräten organisatorisch und
räumlich ausgegliedert und einer Tochtergesellschaft, der ELIMA-GmbH,
übertragen. Inzwischen war der Ausbau und Wiederaufbau des Stammwerks
in Frankfurt planmäßig weitergeführt worden. Die
Werkstätten waren Ende 1954 alle wiedererstanden, aber genügten
dennoch nicht dem wachsenden Raumbedarf des Betriebes. H&B kämpfte
deshalb um die Freigabe des Praunheimer Werkes durch die amerikanischen
Besatzer. Dies wurde 1955 in Aussicht gestellt und Anfang 1956
übergeben. Das Aktienkapital betrug 3.6 Millionen RM. Es wurde 1949
1:1 auf DM umgestellt und im Jahre 1955 auf 6.7 Millionen DM erhöht. Die
erste Dividendenzahlung fand im zweiten Halbjahr 1948 mit 3% statt; für
die Jahre 1952 bis 1955 wurden 8%, und erstmalig für das Jahr 1956 9%
ausgeschüttet. In den dreißiger Jahren beschäftigte das
Unternehmen rund 3000 Mitarbeiter. 1951 erwarb H&B eine
Mehrheitsbeteiligung an Schoppe & Fäser einem führenden deutschen
Produzent in der Automatisierungstechnik für die Energieindustrie. Andere
bedeutende Übernahmen waren 1988 der Erwerb der US-Firma Applied
Automation und 1991 den Kauf von Sensycon, dem damals führenden deutschen
Hersteller von Temperaturmessgeräten. 1981 ging der von der AEG seit 1968
gehaltene Aktienanteil an die Firma Mannesmann über, die Hartmann &
Braun 1995 an das internationale Unternehmen Elsag Bailey Process Automation
verkaufte. 1997 folgte der Abzug aus Frankfurt nach Eschborn. Im Jahre 1999
übernahm Asea Brown Boveri (ABB) Elsag Bailey. Die Hartmann und
Braun-Gruppe wurde vollständig in ABB integriert. |
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