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Die Anleihen des Deutschen Reiches von 1877-1945
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Auszug aus der Schriftenreihe des Ersten Deutschen Historic-Actien-Club e.V.
Mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Eckardt Wanner
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Wie Menschen und Unternehmen, so braucht auch der Staat Geld. Reichte früher der "Zehnte" aus, so sind es heute schon
über 50%, die der Staat von seinen Bürgern zwangsweise einzieht. Während es früher deshalb zu Aufständen kam, ballen
die meisten Menschen heute nur ihre Faust in der Tasche. Und da sich der Staat immer mehr aufbläht, wird wohl
auch dieser Prozentsatz nicht reichen.
Der Staat um 1900 brauchte Geld vorallem für das Bezahlen von Kriegen - für das Führen der Kriege und für das
Bezahlen der Kriegsschäden danach. Im Gegensatz zu Frankreich oder England, war Deutschland bis 1871 ein
"Fleckenteppich" kleiner und größerer Ländereien von Adligen. Fürsten, Kurfürsten, Herzoge und Könige tummelten sich
in den deutschen Ländereien. Erst mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 in Versailles wurde Deutschland ein
einig Vaterland und vorallem ein zentral regiertes Land. Daraufhin hatte es die gleichen terretorialen Ansprüche
wie die alten Großmächte Frankreich und England.
Das neue Kaiserreich hatte in der Reichsverfassung von 1871 im Artikel 4 seine Aufgaben geregelt bekommen. So war
es zuständig für das Rechtswesen, die Währung, die Außenpolitik und das Militär. All diese Aufgaben sollten durch
indirekte Steuern, durch Zölle, Post und Eisenbahn finanziert werden. Die Länder waren verpflichtet den Reichshaushalt
auszugleichen. Hierzu wurde eine pro-Kopf Bürgersteuer eingeführt.
Trotzdem mußte das Deutsche Reich erstmals 1877 eine Anleihe über 82 Millionen MArk plazieren und der Reichskanzler
Bismarck ging vom Freihandel zum Schutzzoll über. Aber für den Aufbau der Kolonien und des Militärs wurden immer
größere Beträge erforderlich. Bis 1884 wurden Anleihen für 450 Millionen Mark ausgegeben. 1888 waren es schon mehr
als 1 Milliarde Mark und bis 1914 stieg dies alles bis auf 4.655 Milliarden Mark an.
Die ausgegebenen Anleihen wurden als "ewige Rente" konzipiert - ohne Rückzahlungstermin.
Die Anleihen bis 1914 hatten meist alle das gleiche Aussehen: Links oben der Reichsadler, darunter die Germania. Im
Kopf der Anleihe wurde das Emmissionsjahr genannt. Die Anleihen wurden von der Reichsbank selbst verkauft oder durch
das "Preußenkonsortium". Der Anleihezinssatz betrug bis 1884 4%, danach 3.5%. Ab 1897 wurde der Zinssatz der
ausgegebenen Anleihen auf 3.5% reduziert.
Das das Deutsche Reich erst nach 1871 zur Großmacht wurde, hatte es auch erst danach Kolonien. Die erste Kolonie
(Deutsch-Südwest-Afrika) wurde 1884 gegründet. Zur Finanzierung wurden Schutzgebietsanleihen herausgegeben, um
den Finanzbedarf der Kolonien vom Reichshaushalt zu trennen. Während die Reichsanleihen als "ewige Rente"
herausgegeben wurden, erhielten die Schutzgebietsanleihen sechs tilgungsfreie Jahre. Danach wurden sie mit 0.6% pro
Jahr ausgelost. Auch nach dem Weltkrieg I wurde die Kolonialanleihe bis 1928 planmäßig getilgt.
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Alle europäischen Großmächte waren scharf auf einen Krieg, um ihre Vormachtstellung zu erweitern oder zu erhalten.
Vor dem Ausbruch des Weltkrieges I betrugen die Reichsschuldenca. 2.5 Milliarden Mark.
Zur Finanzierung des Krieges 1914 wurden 9 Anleihen über 98,177 Milliarden ausgegeben. Nur 6% der Kriegsausgaben
wurden über Steuern finanziert. Der Kriegsbeginn und die Zeit danach wurde euphorisch gefeiert und die
Kriegsanleihen konnten mit einem Werbefeldzug abgesetzt werden.
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Das Wort "Kriegsanleihen" taucht aber nirgendwo auf den Anleihen etc. auf. Die kleinste Stückelung der Anleihen
betrug 100 Mark. Kleinere Beträge wurden als Quittungen ausgegeben. Hatte man Quittungen für 100 Mark gesammelt,
konnten diese in eine Anleihe umgetauscht werden.
Und dann wurde der Krieg verloren - und Deutschland mußte fortan nur noch eins: zahlen, zahlen, zahlen.
Bis heute.
Die Kapitulation und die Bestimmungen des Versailler Vertrages führte in Deutschland zu einer Hyperinflation - kein
Vergleich mit dem Preisanstieg bei der Einführung des EURos.
Das Deutsche Reich, mußte drei grosse Finanzprobleme lösen:
- Regelung der Kriegsfolgen
- Sanierung der Währung
- Lösung der Reparationsfrage
Bis zum Kriegsende waren Schulden von fast 100 Milliarden Mark entstanden. Hierfür mußten 5 Milliarden Zinsen
bezahlt werden. Zur Finanzierung wurden 1919 u.a. nicht verzinste Sparprämienanleihen ausgegeben. Die gesparten Zinsen
wurden bei der Rückzahlung wie bei einer Lotterie verlost. Diese Methode war eigentlich im Deutschen Reich seit 1872
als unerwünschtes Glücksspiel verboten. Aber in Ausnahmefällen muß man halt auch einmal bestimmte Grundsätze fallen
lassen. Weiteres Geld wurde durch die Zwangsanleihe 1922 eingetrieben und mußte von Unternehmen und Personen
gezeichnet werden, die vermögenssteuerpflichtig waren.
Nach dem verlorenen Weltkrieg I wurden die Reparationsforderungen gegenüber Deutschland 1921 auf 132 Milliarden Mark
festgelegt. Um den Reparationsforderungen, insbesondere unter dem Druck Frankreichs, dennoch nachzukommen, sah sich
die Reichsregierung unter Reichspräsident Friedrich Ebert 1922 veranlasst als ultima ratio eine Zwangsanleihe
aufzulegen, da alle Möglichkeiten einer freiwilligen Kreditbeschaffung aufgrund der durch die Inflation zerrütteten
Währung ausgeschöpft waren. Praktisch war die Anleihe eine Vermögensteuerabgabe. Die Zwangsanleihe wurde zu folgenden
Konditionen aufgelegt:
- Zeichnungspflichtig waren alle am 1. Januar 1923 vermögensteuerpflichtigen Personen mit einem Vermögen über
100.000 Mark.
- Zu zeichnende Beträge bei natürlichen Personen waren: von den ersten 100.000 Mark des Vermögens: 1 Prozent, von den
nächsten 150.000 Mark: 2 Prozent, ... ab 1.000.000 Mark (Höchstsatz): 10 Prozent.
- Zeichnungspreis in Prozent vom Nennwert - Juli 1922: 94 Prozent, August 1922: 96 Prozent, ...
März 1923: 106 Prozent.
- Verwendung: Zur Abdeckung von Verbindlichkeiten, die das Deutsche Reich für Sachleistungen aus dem Friedensvertrag
von Versailles zu zahlen hatte.
Tilgung: ab November 1925 durch Rückkauf zum Börsenkurs oder durch Auslosung.
Die Zwangsanleihe hat für den deutschen Kapitalmarkt niemals Bedeutung erlangt. Die Schuldverschreibungen befanden
sich eher in den Dokumentenmappen der Bürger, als in deren Wertpapierdepots. Die Einzahlung erfolgte in der
Hochinflationszeit 1922/23 in stark entwerteter Mark (Papiermark). Nach der Stabilisierung der Mark durch Einführung
der Rentenmark im November 1923 entsprach eine Billion Papiermark einer neuen Rentenmark. Die Schuldverschreibungen
der Zwangsanleihe verbrieften aufgrund dieser Währungsumrechnung nur noch den Wert von Bruchteilen von Pfennigen, ihr
Wert war durch die Hyperinflation ins Bodenlose gesunken. Von der Ablösung öffentlicher Anleihen im Jahr 1925 wurde
die Zwangsanleihe deshalb aufgrund der Geringfügigkeit ihres Wertes gesetzlich ausgeschlossen.
Amerikaner erwarben in der Zeit der deutschen Inflation (bis Ende 1923) gern deutsche Staatsanleihen,
Industrieobligationen, Aktien etc. zu Pfennigpreisen, in der Hoffnung auf eine profitable Währungssanierung in
Deutschland. Die Aufwendungen in Dollar waren für diese Spekulationswerte nur geringfügig. So hätte ein Amerikaner im
Dezember 1923 bei einem Wechselkurs von 1 US$ = 1 Billion Mark für nur einen Dollar theoretisch eine Million Stück
Obligationen über je 100.000 Mark erwerben können. Die ursprüngliche Spekulation ging aufgrund der sich entwickelnden
Hyperinflation und der ungünstigen Umtauschrelation zur Rentenmark bei der Währungsstabilisierung Ende 1923
nicht auf.
Herausgegeben wurden außerdem:
- Schatzanweisungen zur Entschädigung von Kriegsverlusten
- unverzinsliche Schatzanweisungen zur Regulierung von beschlagnahmten deutschen Auslandsbesitz
- Schatzanweisungen von Bezahlung von Reparationen aus der laufenden Produktion.
Und dann gab es auf dem Höhepunkt der Inflation noch Schatzanweisungen mit kaum vorstellbaren Nennbeträgen
wie z.B. 818.5 Trillionen Mark, also
818.500.000.000.000.000.000 Mark. ("Und morgen ist die Summe schon nichts mehr wert").
Das Geld hatte in Deutschland seine Wertfunktion verloren. Deshalb mußte eine neue Anleihe in Goldmark oder Dollar
aufgelegt werden.
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Die Schutzgebietsanleihen
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Jahr
|
Zins
|
Emmission in 1000 M
|
Ost-Afrika
|
Kamerun
|
Togo
|
Südwest-Afrika
|
1908
|
4%
|
38.775
|
30.681
|
4.047
|
4.047
|
|
1909
|
4%
|
26.100
|
17.029
|
4.994
|
4.175
|
|
1910
|
4%
|
33.100
|
19.303
|
3.188
|
3.287
|
7.524
|
1911
|
4%
|
38.000
|
17.299
|
11.859
|
105
|
8.736
|
1913
|
4%
|
47.600
|
35.205
|
2.020
|
|
10.375
|
1914
|
4%
|
66.200
|
39.747
|
15.298
|
10.524
|
64.512
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Die "Kriegsanleihen" 1914 - 1918
|
Jahr
|
Zins
|
Typ
|
Millionen RM
|
Zins
|
Typ
|
Millionen RM
|
9/1914
|
5%
|
Anleihe
|
3.121
|
5%
|
Schatzanweisung
|
1.339
|
2+3/1915
|
5%
|
Anleihe
|
8.285
|
5%
|
Schatzanweisung
|
775
|
9/1915
|
5%
|
Anleihe
|
12.101
|
|
|
|
2+3/1916
|
5%
|
Anleihe
|
8.643
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.569
|
9/1916
|
5%
|
Anleihe
|
9.579
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.073
|
4/1917
|
5%
|
Anleihe
|
11.758
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.364
|
9/1917
|
5%
|
Anleihe
|
11.323
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.303
|
3+4/1918
|
5%
|
Anleihe
|
13.532
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.469
|
9/1918
|
5%
|
Anleihe
|
9.248
|
4.5%
|
Schatzanweisung
|
1.195
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Die Konferenz der Entente-Mächte in Paris ohne Sowjetunion und Deutschland.
Loyd George (England), Giorgio Sonnino (Italien), Georges Clemenceau (Frankreich), Woodrow Wilson (USA). Die Vier beschließen
die Alleinschuld Deutschlands am Weltkrieg I. Verhandlungen und Gegenvorschläge werden abgelehnt und der Vertragstext
Deutschland als Ultimatum übergeben. "Die allierten und assoziierten Regierungen erklären und Deutschland erkennt an,
daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber aller Verluste und aller Schäden verantwortlich sind, welche die
alliierten und asoziierten Regierungen und ihre Angehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner
Verbündeten aufgezwungenen Krieges erlitten haben".
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Zwangsanleihe 1922
Bestell-Nr. D455
Preisliste
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Zwangsanleihe 1922
Bestell-Nr. D457
Preisliste
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Zur Rettung der Finanzen mußte eine Währungsreform her. Die Rentenmark und später die Reichsmark wurden
eingeführt.
Was sollte aber mit den Inhabern der alten Reichsanleihen passieren? Eine Rückzahlung war nicht möglich; die hätte
sofort zum erneuten Zusammenbruch der Währung geführt. Die Besitzer von Anleihen erhielten deshalb ein neues
Papier, eine Ablösungsanleihe 1925. Nicht umgetauscht wurde die Zwangsanleihe von 1922 (diese wurde als
verdeckte Steuer betrachtet) und die Schutzgebietsanleihen (man hoffte immer noch auf die Rückgabe der Kolonien).
Die Ablöseanleihe erhielt nur, wer seine Anleihe vor dem 1. Juli 1920 erworben hatte. Zusätzlich zur Anleihe
erhielt der Altbesitzer eine separate Urkunde. In ihr war ein Auslosungsrecht verbrieft.
Die gesamte neue Ablösungsanleihe belief sich auf 1.737 Milliarden neue Reichsmark. Sie war nicht verzinst, sollte
jedoch bei Auslodung zum 5-fachen Nennbetrag eingelöst werden. Bei 2 Ziehungen pro jahr, sollte die Anleihe in 30
Jahren getilgt sein. Ausgelost wurde aber nicht die Anleihe selbst, sondern separat ausgestellte Auslosungsrechte.
Anleihebesitzer. deren Jahreseinkommen weniger als 1.000 RM betrug, konnten sich die Beträge in Form einer Rente
auszahlen lassen. Damit wurde die größte Armut beseitigt.
Mit der erneuten Währungsreform 1948 wurde die Ablösungsanleihe abgewertet und im Rahmen der
Weltkrieg-II-folgenregelungen getilgt.
Abkürzungen Tabelle: SPAN= Sparprämienanleihe
ZAN= Zwangsanleihe
RSA= Schatzanweisungen
AN= Auslandsanweisung
Anleiheablösungsschuld, Auslosungsschein zur Anleiheablösungsschuld, Kriegsanleihe,
Schatzanleihe, Sparprämiernanleihe
Preisliste
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Inlandsanleihen und Auslandsanleihen 1919-1930
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Jahr
|
Zins
|
Typ
|
Emmission in 1000 RM
|
1919
|
|
SPAN
|
5.000.000.000
|
1922
|
4%
|
ZAN
|
70.000.000.000
|
1923
|
|
RSA
|
3.000.000.000.000
|
1923
|
8-15
|
RSA
|
4.400.000.000
|
1924
|
8-15
|
RSA
|
818.500.000.000.000.000.000
|
1923
|
|
$-SA
|
50.000.000
|
1923
|
6%
|
RSA
|
500.000.000 Goldmark
|
1923
|
6%
|
RSA
|
600.000.000
|
1925
|
|
AN
|
1.737.000.000
|
1925
|
|
|
Auslosungsrechte
|
1925
|
|
AN
|
Ersatzurkunden
|
1925
|
|
|
Vorzugsrenten
|
1924
|
7%
|
AN
|
800.000 RM
|
1930
|
5.5%
|
AN
|
$300.000
|
1930
|
6%
|
AN
|
$125.000
|
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Briten, Franzosen und Belgier verlangten vom Deutschen Reich völlig unrealistische Reparationen. So verlangten die
Briten pro Jahr eine Entschädigung von 28.8 Milliarden RM. Deutschland lieferte von 1919-1922 Waren für insgesamt
41.6 Milliarden RM - beträchtlich mehr als gefordert. Aber die Briten reduzierten den Betrag einfach auf 17.9
Milliarden RM und duldeten keine noch so geringen Terminüberschreitungen bei den Warenlieferungen. Als aber eine
geringe Terminüberschreitung stattfand, besetzten die Franzosen und Belgier das Ruhrgebiet und trennten es
vom restlichen Deutschland ab. Die Reichsregierung rief deshalb zum passiven Widerstand auf. Diese Wirren führten
schließlich zur Hyperinflation von 1923.
Mit der Währungsreform vom November 1923 wurde die fiskalische Voraussetzung für die vom Deutschen Reich anvisierte
Revision der Reparationen geschaffen. Die Siegermächte bestanden auf Devisenzahlungen, aber
die hatte Deutschland nicht. Die Dawes-Anleihe sollte nun diese Devisen beschaffen. Ein internationaler
Sachverständigenausschuß unter dem US-Bankier Charles Dawes
veröffentlichte am 9. April 1924 einen neuen Finanzierungsplan, der die Reparationszahlungen ausschließlich von der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Deutschen Reichs abhängig machen sollte. Eine zeitliche Begrenzung sowie die
Gesamthöhe der Reparationen wurden nicht festgelegt. Die jährliche Belastung Deutschlands sollte eine Milliarde
Reichsmark betragen und nach fünf Jahren auf 2,5 Milliarden Reichsmark anwachsen. Zur Sicherung der Zahlungen mußten
die Reichsbahn und die Reichsbank unter internationale Kontrolle gestellt werden.
Am 29. August 1924 stimmte der Reichstag für dessen Annahme. Ausschlaggebend für das Abstimmungsverhalten waren neben
ökonomischen Erwägungen das im Rahmen des Dawes-Plans von Frankreich zugesagte Ende der Ruhrbesetzung. Die mit dem
Dawes-Plan verbundenen ausländischen Kredite und Investitionen leiteten in der Weimarer Republik eine Periode des
wirtschaftlichen Aufschwungs ein. Als der Dawes-Plan 1929 durch den Young-Plan ersetzt wurde, hatte sich das deutsche
Produktionsvolumen seit 1924 um 50 Prozent erweitert.
Diese Dawes-Anleihe (Deutsche Äußere Anleihe) wurde 1924 von 9 Ländern aufgelegt und sollte bei einem Zins von
6% insgesamt 800 Millionen in Gold erbringen. |
Die Dawes-Anleihe
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Betrag der Anleihe in Millionen
|
Währung
|
Ausgabeland
|
1,50
|
Belgas
|
Belgien
|
2,50
|
hfl
|
Niederlande
|
3,00
|
ffr
|
Frankreich
|
100,00
|
Lire
|
Italien
|
25,20
|
Kronen
|
Schweden
|
0,32
|
RM
|
Deutschland
|
2,36
|
Sterling
|
Schweiz
|
15,00
|
sfr
|
Schweiz
|
12,00
|
Sterling
|
England
|
110,00
|
$
|
USA
|
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Die alliierte Reparationskommission stellte Ende Dezember 1922 einen geringfügigen Lieferrückstand deutscher
Reparationen an Frankreich fest; dies bot im Januar 1923 den Vorwand für den Einmarsch von fünf französischen
Divisionen und einigen belgischen Einheiten ins Ruhrgebiet. Mit dem Einmarsch von rund 60.000 Soldaten in das Zentrum
der deutschen Schwerindustrie wollte der französische Ministerpräsident Raymond Poincaré den Versailler Vertrag
zugunsten Frankreichs revidieren und die deutsche Westgrenze nach Osten verschieben. In Deutschland löste der
Einmarsch einen Sturm der Entrüstung aus. Die Reichsregierung rief die Bevölkerung im Ruhrgebiet zu passivem
Widerstand auf. Beamten wurde verboten, Befehle der Besatzer zu befolgen. Da die Bevölkerung dem Aufruf der
Reichsregierung in grosser Geschlossenheit folgte, ordneten die Besatzungsbehörden die Ausweisung von fast 150.000
Menschen aus dem Ruhrgebiet in das "unbesetzte" Deutschland an. Zum Tode verurteilte Saboteure wie der
Nationalsozialist Albert Schlageter fielen in Deutschland Märtyrerrollen zu. Auf den aktiven Widerstand reagierten
die französischen und belgischen Soldaten mit rücksichtsloser Gegengewalt. In Essen erschossen sie am 31. März 13
streikende Krupp-Arbeiter und wenig später in Dortmund sieben Männer, die eine von der Besatzungsmacht verhängte
Ausgangssperre überschritten hatten. Streiks, wirtschaftliche Absperrung des Ruhrgebiets und Produktionsausfälle
ruinierten die deutsche Wirtschaft 1923. Die Kosten des passiven Widerstands überstiegen die Reichsfinanzen bei
weitem, die Inflation und die Ernährungslage nahmen erschreckende Ausmaße an. Angesichts der massiven Wirtschafts- und
Ernährungsprobleme sowie der rasenden Hyperinflation gab die Reichsregierung unter dem neuen Reichskanzler Gustav
Stresemann den passiven Widerstand im September 1923 auf.
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Bis 1928 konnten die Verpflichtungen erfüllt werden.
Allerdings nur deshalb, weil viele Unternehmen und Städte
im Ausland ebenfalls Anleihen aufnahmen. Die dadurch zufließenden Devisen setzten die Reichsbank in die Lage,
die Reparationen zu bezahlen.
Die Weltwirtschaftskrise 1929 machte jedoch alles zu Nichte, Deutschland wurde zahlungsunfähig. Die Regierung unter
Reichskanzler Hermann Müller (SPD) versuchte eine Räumung des Rheinlandes, ein Ende der Souveränitätsbeschränkungen
durch eine Ende der internationalen Kontrolle über Reichsbank und Reichswehr und ein Ende der Reparationen gegen eine
Schlusszahlung zu erreichen. Im September 1928 wurde die Einsetzung einer internationalen Sachverständigenkommission
zur Regelung der Reparationsfrage unter dem amerikanischen Wirtschaftsexperten Owen Young bei der Völkerbundtagung
beschlossen. Ziel war dabei, eine endgültige Regelung für die Reparationszahlungen zu finden.
Dies konnte nicht erreicht werden; Frankreich, Belgien und England wollten auf die erpressten Gelder aus Deutschland
nicht verzichten. Stattdessen wurde eine neue Anleihe aufgelegt (Young-Anleihe). Das Deutsche Reich sollte die ersten
37 Jahre anfangs 1,7 Mrd Goldmark jährlich bezahlen und der Betrag sollte auf 2,1 Mrd. jährlich steigen. Nach dieser
Zeit sollte Deutschland weitere 22 Jahresraten von 1,65 Mrd. GM zahlen. Die Zahlungen sollten also insgesamt 59 Jahre
(also bis zum Jahr 1988) dauern und es sollten insgesamt 112 Mrd. GM (Goldmark) bezahlt werden. Der Transferschutz
wurde beendet
und Deutschland musste jedes Jahr mindesten 600 Mio. GM in Devisen zahlen, der Restbetrag konnte gestundet werden.
Da die Zahlungen in fremder Währung zu begleichen waren, schuf man die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in
Basel. Dem Deutschen Reich wurde eine internationale Anleihe, die so genannte Younganleihe, in Höhe von 300 Mio.
Dollar gewährt. Deren Laufzeit wurde 1952 im Londoner Schuldenabkommen bis 1980 verlängert.
Im Young-Plan wurde auch die vorzeitige Räumung des Rheinlandes bis 30. Juni 1930 (5 Jahre früher als im Versailler
Vertrag vereinbart) und das Ende der Souveränitätsbeschränkungen von Reichsbank und Reichsbahn vereinbart.
Zwar wurden die Gesamtbelastung und die jährlichen Zahlungsraten gesenkt, die Laufzeit aber gegenüber dem Londoner
Ultimatum bis ins Jahr 1988 verlängert. Im Gegenzug zur Annahme des neuen Reparationsplans verpflichteten sich die
Alliierten gegenüber Reichsaußenminister Gustav Stresemann, das gesamte Rheinland vorzeitig zu räumen.
Obwohl dies eine finanzielle Entlastung des Deutschen Reiches gegenüber bestehenden Abkommen bedeutete, suchten
die rechten Vereinigungen Deutschnationale Volkspartei, Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei und der
Stahlhelm diesen Plan im Wege einer Volksabstimmung zu Fall zu bringen. Sie gründeten im Juli 1929 den
"Reichsausschuß für das Volksbegehren gegen den Young-Plan".
Am 22. Dezember 1929 stimmten die Bürger über das "Freiheitsgesetz" ab, das den ganzen Versailler Vertrag revidieren
sollte und enthielt die Bestrafung der Unterzeichner des Planes Zuchthaus für Landesverrat. Es stimmten nur 13,5%
statt 50% der Wahlberechtigten für das Volksbegehren, womit dieses scheiterte.
Maßgeblich wurde der Kampf gegen den Young-Plan durch die Zeitungen und die Finanzen von Alfred Hugenberg (DNVP)
unterstützt.
Vor allem die lange Zahlungsverpflichtung griffen die rechten Gegner der Weimarer Republik auf, um gegen den Plan zu
agitieren ("Bis in die dritte Generation müsst ihr fronen!").
Nach einem Vorschlag des US-Präsidenten Herbert Hoover während der Weltwirtschaftskrise wurde der Young-Plan durch
die Konferenz von Lausanne im Juli 1932 aufgehoben.
Kriegsanleihe 1938 und Schatzanweisung 1943
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Die Young-Anleihe
|
Betrag der Anleihe in Millionen
|
Währung
|
Ausgabeland
|
35.000
|
Belgas
|
Belgien
|
373.000
|
hfl
|
Niederlande
|
2.515
|
ffr
|
Frankreich
|
110.000
|
Lire
|
Italien
|
110.000
|
Kronen
|
Schweden
|
36.000
|
RM
|
Deutschland
|
92.000
|
sfr
|
Schweiz
|
12.000
|
Sterling
|
England
|
98.250
|
$
|
USA
|
|
Neben der Dawes- und der Young-Anleihe gab es noch eine dritte deutsche Auslandsanleihe. Der Zündholzkönig Ivar
Kreuger bot im Sommer 1930 dem Deutschen Reich eine Anleihe über 125 Millionen $ an - als Gegenleistung wollte
er das Zündwarenmonopol bis zum Zeitpunkt der Anleihetilgung (50 Jahre, 6%).
Alle drei Anleihen wurden im Rahmen des Londoner Schuldenabkommens (1953) von der Deutschen Bundesrepublik
übernommen und bis 1986 getilgt. Dann fiel auch das Zündwarenmonopol und Streichhölzer konnte nun herstellen wer
wollte.
Ein kurzer Abriss über das Zündwarenmonopol
Bei der Finanzreform des Deutschen Reiches 1909 wurde als neue Abgabe eine
Zündwarensteuer eingeführt. Da mehr Zündwaren produziert wurden als verkauft - und damit
der Preis (und die Steuer) niedrig lagen - wurde gleichzeitig eine Begrenzung der Produktion
eingeführt. Mit dem Weltkrieg I stieg der Bedarf allerdings gewaltig. Grosse Mengen
wurden deshalb aus Schweden eingeführt. Die deutschen Devisenbestimmungen verboten es
allerdings die Gewinne nach Schweden zu transferieren. Deshalb gründeten die schwedischen
Lieferanten 1918 in Hambug die "Allgemeine Zündholzexportzentrale GmbH", die mit dem
in Deutschland verbliebenen Geld in Firmen der deutschen Zündholzhersteller einstiegen.
Die sehr stark exportorientierte schwedische Zündholzindustrie wurde auf den asiatischen
Märkten sehr stark von der japanischen Konkurrenz angegangen. Um diesen Druck zu
parieren, schlossen sich 1903 sieben Unternehmen zusammen. Ivar Kreuger - Mitinhaber
der Baufirma "Kreuger&Toll" - schloß 1913 andere Zündholzunternehmen zur
"AB Förenade Svenska Tändsticksfabrikken" zusammen. 1917 fusionierten beide
Konzerne unter der Leitung von Kreuger zur "Svenska Tändsticks AB". Nach dem Ende
des Weltkrieges I versuchte Kreuger auch in Deutschland einen solchen Konzern
zu gründen. Schon 1924 verfügte Kreuger über 30% der deutschen Produktion, 1927
waren es bereits 70%. Unter diesem Druck baten die restlichen deutschen
Produzenten die Reichsregierung um Hilfe. Es wurde ein auf 25 Jahre begrenztes
Monopol ausgehandelt, in das Kreuger und die deutschen Firmen eintraten.
Dieses Zündwarenmonopol legte fest:
- Die "Deutsche Zündholz-Verkaufs AG" übernahm den gesamten Verkauf nach festen Quoten.
Kreuger erhielt dabei 65%.
- die Festsetzung des Preises mußte mit der Reichsregierung abgestimmt werden.
- Kreuger durfte max. 50% an der "Deutsche Zündholz-Verkaufs AG" besitzen
- Die Errichtung neuer Werke mußte durch die Reichsregierung genehmigt werden.
Kreuger war dies aber zu wenig. So wie Daimler-Benz die "Welt AG" wollte, so wollte
Kreuger ein Weltmonopol. Seine Strategie war einfach: eine Regierung konnte von ihm
einen Kredit erhalten, falls er daraufhin das Zündwarenmonopol in diesem Lande erhielt.
Und nach dem Weltkrieg I waren vielen Länder knapp mit Geld. Kapital gab es eigentlich
nur noch in den USA. Deshalb wandelte er die Baufirma "Kreuger & Toll" in eine
Holding um, die über die Tochter "International Match Corp." das Kapital beschaffte.
Durch die Weltwirtschaftskrise war das Deutsche Reich nicht mehr kreditwürdig. Kreuger
sah die Chance und bot ein langfristiges Darlehen von 125 Mio US$ an (6% Zins, 93%
Auszahlung) - gegen ein 50jähriges Zündwarenmonopol. Der Vertrag wurde am 26.10.1929
abgeschlossen.
Mit dem Londoner Schuldenabkommen 1953 verpflichtete sich die neu gegründete Bundesrepublik
Deutschland zu tilgen. Am 15.1.1983 wurde die letzte Rate von US$ 276.000 gezahlt.
Damit war auch das Zündwarenmonopol erloschen.
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